Travers-Sabine
Bevor wir uns auf den Weg ins nächste Abenteuer machten, taten wir erst mal einen ganzen Tag lang gar nichts. Obwohl das wandern uns bisher wirklich Spaß machte, war auch so ein Ruhetag mal eine wilkommene Abwechslung. Wir nutzen die Zeit um unser Essenpaket einzusammeln, das wir zuvor bereits an die Lodge geschickte hatten. Und ärgerten uns erstmal über die Essensauswahl die wir vor unserer Wanderung dort hineingepackt hatten. Natürlich hatten wir vor der Wanderung noch keine Ahnung gehabt, was wir dann tatsächlich gerne essen würden, wenn wir endlich unterwegs waren. Um die Essensauswahl ein bisschen aufzubessern, wollten wir also noch einmal im winzigen "Alpine-Store" an der Tankstelle gegenüber einkaufen.
Außerdem wollten wir uns an diesem Tag auch noch ein bissche frisches Essen gönnen, das einem auf dem Trail dann eben doch immer fehlt. Beim hereinwandern nach St. Arnaud hatten wir einen winzigen Hofverkauf mit einem Hinweisschild auf Eier und selbst gezogenes Gemüse gesehen. Also liefen wir los, um einmal nachzusehen was dort so angeboten wurde - und wie die Preise dazu aussahen. Als wir gerade ein paar hundert Meter die Straße hinuntergelaufen waren, fing es auf einmal an zu regnen. Und zwar in Strömen. Wir retteten uns unter ein Dach und warteten ein paar Minuten, dann gingen wir aber doch weiter. Tropfnass erreichten wir den kleinen Verkaufsstrand, suchten uns eine Schachtel Eier aus und zahlten den passenden Betrag in die bereitstehende Kasse (In Neuseeland "Honesty-Box" - Ehrlichkeits-Box - genannt. Was für ein passender Ausdruck!). Wie lieben diese Art des Geschäfte machens. Waren werden angeboten und die Menschen scheinen es zumindest die meiste Zeit auch wirklich ehrlich zu bezahlen. Das hatten wir hier unten jetzt schon öfter gesehen, und es gibt einem doch das Gefühl, dass die Welt "hier noch in Ordnung" ist.
Danach liefen wir zum Alpine Store und gaben fast 50NZD für etwas Schokolade, Käse, Brot und Fruchtsaft aus. Die kleinen Dinge sind in Orten soweit ab vom Schuss doch ganz schön teuer.
Nachdem wir uns ein Mittagessen auch Essensüberbleibseln des Richmond-Ranges-Abschnitts gemacht hatten und unsere Sachen für die Weiterreise auf dem Travers-Sabine-Circuit und dem Waiau Pass Track sortiert und vorgepackt hatten, machten wir eine Runde Wäsche. Saubere Klamotten! Wunderbar! Dann war unser Ruhetag auch ganz schön schnell wieder vorbei, und wir schickten uns selbst früh ins Bett, um am nächsten Tag ausgeruht in den nächsten Abschnitt zu wandern.
St. Arnaud to John Tait Hut
Wir waren nicht in Eile auf unserem nächsten Wegabschnitt, also gönnten wir uns vor dem Start erst noch ein luxuriöses Frühstück mit Rührei, Brot und Käse - eben den Dingen, die wir auf Wanderschaft nicht jeden Tag haben können.
Dann, der Vormittag war fast schon vorbei, wanderten wir auf St. Arnaud heraus. Immer entlang des Rotoiti Lake auf dem Lakehead Trail.
Unsere Rucksäcke fühlten sich unfassbar schwer an. Wieder aufgefüllt auf 8 Tagesrationen und ein paar Überbleibsel der letzten Abschnitte. Das half nicht gerade unserer Motivation. Diesmal war es ausgerechnet Tim, der Schwierigkeiten hatte sich aufzuraffen. Er hatte das Gefühl, ein zweiter Ruhetag hätte uns wirklich gut getan. Obowhl der Weg gut zu gehen war schleppten wir uns ziemlich langsam voran, und kamen auch nicht in eine gute Wanderstimmung.
Das änderte sich dann auch erst, als wir die ersten 10km hinter uns gebracht hatten und bei der Lakehead Hut ankamen. Die war völlig überfüllt mit Menschen und deren Gepäck. Sofort war uns klar - hier wollten wir die Nacht nicht bleiben. Außerdem mussten wir jeden Schritt, den wir heute schon machten, morgen nicht mehr gehen. Die DOC-Einschätzung der Zeit zur nächsten Hütte lag bei vier Stunden. Und vielleicht würde diese Hütte ja auch genauso voll sein. Für eine paar Minuten war wir sehr unentschieden. Was uns dann tatsächlich dazu brachte, weiterzuwandern, war der Hüttenbucheintrag des Deutschen, der sich per Helikopter aus den Richmonds hatte evakuieren lassen - er war die Nacht über in der Hütte gewesen und heute weitergewandern. Wir wollten ihn gerne treffen und seine Version der Geschichte hören. Also machten wir uns doch noch auf den Weg zur John Tait Hut.
Also machten wir uns wieder auf den Weg. Vier Stunden sollten wir zur Hütte brauchen. Aber die ersten Kilometer des Weges waren einfach zu gehen. Weite Felder mit Hüfthohem Gras, durschnitten vom Trail. Sie erinnerten mich fast ein wenig an die Maislabyrinthe, die es in meiner Kindheit jeden Sommer in den umliegenden Maisfeldern gegeben hatte. Dieser flache Weg ohne Wurzeln und Felsen war für uns auf dieser Reise neu, und wir nahmen richtig Fahrt auf. Der einzige Nachteil war, dass es hier kaum Bäume gab, die uns hätten Schatten spenden können. Stattdessen brannte uns die Sonne auf die Köpfe, als wollte sie uns zu Asche verwandeln.
Nach einer Weile führte der Weg dann wieder durch Wald, dann wieder durch Wiesen. Das Terrain wurde etwas abwechslungsreicher und unsere Laune immer besser - endlich waren wir zurück im Wandermodus. Nach knapp 3 1/2 Stunden erreichten wir dann auch die John Tait Hut.
Auch wenn hier schon einige Leute waren, von den wir manche schon kannten - so wie Ryan und Rebecca, ein Pärchen aus den USA und England. Wir lernten aber auch eine ganze Reihe neuer Leute kennen. Am Ende des Tage waren wir zu vierzehnt in der Hütte - die aber auf bis zu 27 Wanderer ausgelegt ist. Das war sehr viel angenehmer als unser Zwischenstopp an der Lakehead Hut und wir waren sehr froh, die extra-stunden weitermarschiert zu sein. Hier war wenigstens Platz zum Atmen. Auch die insgesamte Atmosphäre in der Hütte war gut. Viele Wanderer hier waren nicht auf dem TA unterwegs, aber sehr interessiert an unseren Ansichten dazu. Umgekehrt fragten wir herum, woher die Anderen kamen, und was sie letztendlich auf den Traverse-Sabine Circuit und damit die John Tait Hut geführt hatte. Viele Wandergeschichten wurden ausgetauscht, bevor wir uns schließlich alle schlafen legten.
Von der John Tait Hut zur West Sabine Hut über den Travers Saddle
Morgens hatte sich unsere Rollenverteilung wieder umgedreht. Tim war gut drauf, ich dagegen nicht besonders motiviert weiterzulaufen. Wir hatten aber nur einen kurzen Tag zur Upper Travers Hut geplant, um am nächsten Tag über den Travers Saddle zu steigen. Dann war uns der Tag doch etwas zu kurz. Nach nicht ganz 2 1/2 Stunden, es war noch nicht einmal 11 Uhr Vormittags, kamen wir an der Hütte an. Die Upper Travers Hut ist eine tolle, neue Hütte mit fantastischem Ausblick. Eigentlich wären wir gerne dort geblieben, aber stattdessen entschieden wir uns dann, uns dort nur ein frühes Mittagessen zu gönnen, und danach doch weiter zu marschieren.
Also packent wir unsere Sachen nach jeweils zwei leckeren PeanutButter & Jelly Wraps. Der Weg von der Hütte aus Begann mit einer warnenden Frage des DOC: "Bist du bereit für den Travers Saddle?" und wies auf die körperliche Anstrengung des Aufstiegs hin. Da machten wir uns dann doch wieder ein bisschen Sorgen. Wie krass würde das Ganze wohl werden? Wir gingen weiter und machten uns an den Aufstieg. Mal wieder war es beinahe wolkenlos und sehr sonnig – und sehr heiß. Wieder einmal waren wir oberhalb der Baumgrenzen unterwegs und hatten keine Möglichkeit, uns zwischendurch in den Schatten zu begeben. Aber auf der anderen Seite hatten wir auch perfekte Sicht und einfach insgesamt einen wunderschönen Tag erwischt. Der Aufstieg war dann auch viel weniger schlimm als befürchtet. Zwar einigermaßen steil, aber dafür nicht so lang. Das ist der Vorteil der serpentinenlosen Wege der Neuseeländer - streckenmäßig sind die Wege oft deutlich kürzer als sie es in den Alpen wären.
Oben am Sattel hatten wir einen wirklich unglaublichen Ausblick auf die uns umgebenden, noch zum Teil schneebedeckten Bergketten und Mt. Travers selbst. Es war soo wunderschön, dass wir uns für eine halbstündige Mittagspause hinsetzen und einfach nur alles auf uns wirken ließen. Am liebsten wären wir einfach dort oben geblieben.
Der Aufstieg war wirklich schnell gewesen und hatte uns dann doch auch viel Spaß gemacht. Beim Weg nach unten war es dann eher umgekehrt. Um zur nächsten Hütte, der West Sabine Hut, zu gelangen, mussten wir mehr als 1000 Höhenmeter absteigen. Der Weg war über weite Strecken extrem steil und unsere Knie litten unter der konstanten Anstrengung. Man konnte sie fast schon ächzen hören.
Am Anfang des Abstiegst führte der Weg zunächst durch felsiges Terrain und mündet dann in einem steilen Wald. Dort war der lockere Waldboden so lose, dass wir mehrere Mal einfach wegrutschten. Das bedeutete ein paar neue Flecke für unsere Hintern, als wir immer wieder stolperten und schlitterten. Wir gaben uns aber besonder Mühe, sehr aufmerksam zu sein und konnten uns so immer wieder fangen und abfedern, bevor wir uns ernsthaft verletzen konnten.
Allerdings kamen wir so auch nur extrem langsam voran und fragten uns zwischendurch, ob wir es realistisch überhaupt zur Hütte schaffen würden. Tatsächlich kamen wir dann aber sogar eine Stunden früher an, als die Trailnotes veranschlagt hatten – damit hatten wir wirklich überhaupt nicht gerechnet, so langsam wie wir uns fühlten.
Die West Sabine Hut war schon recht voll, als wir endlich dort ankamen. Und nach uns kamen noch weitere Leute an. Die meisten von Ihnen mit den selben Touren und Plänen für den nächsten Tag.
Über den Abend unterhielten wir uns mit einem deutschen Pärchen und einer jungen Frau, die auch alle quer durch Neuseeland reisten, um möglichst viel wandern zu gehen. Jeder hatte einige spannende Geschichten zu erzählen und schon einiges erlebt auf den Reisen. Das war auch für uns interessant, weil wir immernoch nicht sicher waren, wie lange wir überhaupt dem Te Araroa folgen wollten, oder ob wir uns doch bald entscheiden würden stattdessen losgelöste Mehrtageswanderungen zu machen.
Von der West Sabine Hut zur Blue Lake Hut
Weil wir die letzten beiden Tage jeweils deutlich weiter gewandert waren als wir ursprünglich dachten und unsere Knie lautstark eine Pause verlangten, entschieden wir uns nach dem langen Abstieg vom Traverse Saddle, dass der nächste Tag ein kurzer werden sollte. So war es dann auch, und wir wanderten nur weiter bis zur Blue Lake Hut. Die nur etwa dreistündige Wanderung hatte allerdings eine kleine Überraschung für uns parat.
Um nasse Füße zu vermeiden, versuchten wir die Bachläufe unterwegs über größere Steine zu überqueren. Das ging die meiste Zeit auch ganz gut, bis ich auf einmal bis zur Brust im kalten Wasser saß. Ein kurzer Ausrutscher hatte gereicht, und zeigte uns wieder einmal, dass absolute Aufmerksamkeit eigentlich während der gesamten Wanderung wirklich wichtig ist. Zuerst einmal war ich vorallem überrascht, dann wurde mir klar, dass ich Glück gehabt hatte, in einer Art kleinem Pool ausgerutscht zu sein, andernfalls hätte die Strömung mich, oder zumindest meine lose Ausrüstung wie die Treckingstöcke genauso gut auch hinaus in den größeren Fluss nur ein paar Meter zu unserer Seite ziehen können. Dann realisierte ich wie kalt das Wasser war, dass ich volkommen nass war und in meiner Hosentasche noch mein Handy steckte. Also kroch ich auf den nächsten größeren Felsen und streckte es jammernd Tim entgegen, damit er es abtrocknen und ausschalten konnte. Normalerweise steckte ich es für größere Crossings immer in einen wasserdichten Beutel, das hatte ich hier bei den "kleinen Bächen" aber nicht getan. Nun hieß es abwarten und hoffen.
Der Rest der Wanderung verlief weitgehend ohne weitere Abenteuer, nur meine Laune war etwas gedrückt weil ich jetzt komplett nass war. Zum Glück war es wenigstens ein warmer Tag, so dass meine Kleider schnell trockneten als wir endlich bei der Hütte ankamen.
Dort stellten wir fest, dass nur 16 Bunks zur Verfügung standen und ahnten schon, dass es heute Nacht ein Full House werden würde. Tatsächlich war es am Ende sogar deutlich überfüllt. Draußen übernachteten dann noch 5 Leute in Zelten und ein pärchen schlief auf eine Matratze unter dem Sternenhimmel. WIr waren zum Glück rechtzeitig angekommen um uns ein Bett zu organisieren. Aber wir machten uns jetzt ein bisschen sorgen, wie das am nächsten Abend wohl aussehen würde - die Waiau Hut ist nämlich deutlich kleiner und hat nur sechs feste Schlafplätze.
Als wir uns am Abend aber mit den anderen Wanderern unterhielten, stellten wir fest, dass fast alle am nächsten Tag zurück zur West Sabine Hut wandern wollten, um dann den Traverse-Sabine-Circuit fertig zu wandern. Nur insgesamt neun von uns wollten sich auf den Weg Richtung Waiau Pass machen.
Weiterführende Informationen
Ressourcen zur Planung der Wanderung auf diesem Abschnitt des Te Araroa. Wie immer möchten wir euch nochmal ganz besonders die Webseite des Department of Conservation Website and Herz legen, und sofern ihr auf dem TA unterwegs seid, auch die offizielle Te Araroa Trail Website.
Te Araroa Trail Website: Trail notes zum Abschnnitt Traverse-Sabine/Waiau Pass Track
Sicherheit auf dem Travers Sabine Circuit
Der Traverse Sabine Circuit und insbesondere die Überschreitung des Traverse Saddle ist eine alpine Wanderung, die nur nach ausreichender Vorbereitung in Angriff genommen werden sollte. Der New Zealand Mountain Safety Council hat dazu ein tolles Video gemacht, das einen guten Überblick über die Route und das Terrain verschaff, vorallem aber auch sinnvolle Sicherheitsvorkehrungen für eine Wanderung auf dem Trail zusammenfasst.
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