Two Thumb Track

Nach fast einer Woche Weihnachtspause in Christchurch entschieden wir, nicht zurück nach Boyle River zu gehen, um dort den Trail dort weiterzugehen, wo wir aufgehört hatten. Stattdessen würden wir einen großen Teil überspringen, den Teil von Arthur's Pass und die beiden großen Flüsse. Das war zwar Schade, aber uns war von Anfang an klar gewesen dass wir aufgrund unserer beschränkten Zeit nicht den ganzen Trail gehen konnten. Stattdessen wollten wir am Two Thumbs Track wieder einsteigen, der zum höchsten Punkt des Te Araroa führt, den Stag Saddle.

Der Anfang des Trails liegt allerdings 50km von der nächstgelegenen Stadt entfernt, und selbst diese mussten wir ersteinmal erreichen.

Unser Plan war also, von Christchurch aus eine Mitfahrgelegenheit nach Geraldine zu bekommen, und von dort, vermutlich am nächsten Tag, irgendwie nach Peel Forest zu kommen. Dort mussten wir dann noch irgendeine Transportmöglichkeit zum Start des Trails finden, aber das musste irgendwie zu schaffen sein.

Und auf wundersame Weise klappte alles. Wir fuhren mit dem Bus an die Stadtränder von Christchurch und versuchten dort zu trampen. Tatsächlich hielt nach 20 Minuten ein junge Mann and und erklärte, dass er auf dem Weg nach Geraldine sei. Sein Name war Josh und er war unterwegs um sich in Wanake mit Familie zu treffen, umd ins neue Jahr zu feiern. Wir hatten eine sehr unterhaltsame Fahrt, auf der wir uns über alles mögliche unterhielten, am Meisten aber über unsere Liebe fürs Reisen und welche Länder wir unbedingt besuchen wollten. Letzendlich ließ uns Josh dann in Arundel aussteigen, von dort waren es nur 12 Kilometer nach Peel Forest, die wir zu Fuß gingen. Am Ende kamen wir dort also einen Tag früher an, als wir erwartet hatten.

In Peel Forest gingen wir ins Green Man Cafe, um nach Transportmöglichkeiten zum Trailstart zu fragen. Außerdem gönnten wir uns einen Kaffee dort, und erfuhren dann, dass wir am nächsten Tag mit der Post dort hinaus fahren konnte. Es ist einfach wunderbar, wenn die Sachen so perfekt laufen.

Wir übernachteten auf dem Peel Forest DOC Campground - ein richtiger Luxus-Campingplatz, an dem es sogar heiße Duschen gibt!

Auf dem Bush Stream Track zur Copper Spur Hut

Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen und liefen zuerst einmal die drei Kilometer zurück in den Ort Peel Forest. Dort setzten wir uns ins Green Man Cafe und aßen Toast zu Kaffee während wir darauf warteten, dass die Post ausgefahren wird.. Außerdem genossen wir das kostenlose WALN. Letztendlich war die Postfahrt dann erst am Nachmittag, was aber zu erwarten gewesen war. Gegen ein Uhr saßen wir also in einm Auto mit Magnetschild "Rural Post" und waren unterwegs zum Start des Trails. Auf der etwa einstündigen Fahrt erzählte uns der Fahrer alle möglichen lokalen Anekdoten, zeigte die Sheep Stations auf dem Weg auf und unter anderem auch einen Drehort zum Herrn der Ringe, der Mount Sunday der in der Ferne zu sehen war. Bald erreichten wir die Mesopotamia Station, der letzte Halt für die Postfahrt, und wurden dann sogar noch an den etwa einen Kilometer entfernten Bush Stream Carpark gefahren. Dort begann dann unser nächstes Abenteuer.

Und da waren wir auf einmal wieder auf dem Trail und vor uns lag der Bush Stream Track. Zum Glück wussten wir da noch nicht, auf was wir uns eingelassen hatten. Zuerst hieß es für uns, mehrere Stunden lang dem Flussbett zu folgen. Das hört sich zuerst einmal einfach an, war es aber gar nicht. Der Weg war praktisch unmarkiert und an den meisten Stellen gab es auch einfach keinen Trail - keinen sichtbaren jedenfalls, und auch keine Marker Poles. Führ uns sah es so aus, als hätte es da irgendwann wohl mal einen gegeben, der wurde aber dann wohl einem Unwetter weggeschwemmt.

Wir stolperten also am felsigen Flussbett entlang. Immer wieder kamen uns kleine Felswände auf der jeweiligen Flussseite in den Weg und zwangen uns, durchs Wasser zu waten um auf der anderen Seite weiterzugehen. Wir behielten also unsere Crossing Shoes fast den ganzen Tag an und gingen im Zick-Zack-Kurs von einer Seite zur anderen. Da wir die Schuhe geschickt ausgesucht hatten ging das auch, aber bequem war es auf Dauer dann auch nicht.

Die ersten Querungen waren einfach und problemlos, aber je weiter wir kamen, desto schwieriger wurde es. Bush Stream war hier deutlich wilder und zum Teil tiefer eingeschnitten, so dass ich des öfteren fast bis zu Hüfte im Wasser stand und hoffte, dass der untere Teil meines Rucksacks nicht durchweicht werden würde. Immer wieder wollte ich dann auch wegen der Strömung nicht mehr alleine durch den Fluss waten, so dass wir gemeinsam mit der Kettentechnik den Fluss querten.

Irgendwann versuchten wir den vielen Seitenwechseln zu entkommen, indem wir einfach über die Felsvorsprünge im Weg drüberkletterten. Wir waren wohl auch nicht die ersten, denn es hatten sich zum Teil schon Trampelpfade dort gebildet, es stellte sich allerdings als fast noch gefährlicher heraus, weil es oft sehr steil und unwegsam war. Nach dem besonder steilen "Sawtooth Bluff" hatten wir davon genug und gaben die Kraxelei auf. Sie hatte uns auch wesentlich mehr Zeit gekostet, als einfach nochmal durch den Fluss zu waten.

Als wir endlich ein großes, orangenes Dreieck am linken Rand des Bush Stream sahen, und von dort aus einen Pfad durchs Gebüsch waren wir erleichtert. Nach einem steilen Aufstieg waren wir endlich ein paar hundert Meter über dem Fluss - und konnten sehen was uns als nächstes bevorstand. Zuerst führte der Weg über eine Bergkuppe, dann auf der anderen Seite wieder ins Tal, durch den Fluss und als nächstes auf der anderen Seite wieder mindestens genauso weit hinauf. Aber wenigstens schien das dann auch fürs Erste das Ende der Flussüberquerungen darzustellen.

Die letzte Querung war dafür nocheinmal ein echtes Abenteuer. Schon aus der Ferne konnten wir sehen, dass es eigentlich keine gute Stelle für eine Querung war, eher das Gegenteil. Früher hatte es hier wohl mal eine Hängebrücke gegeben, das Betonfundament zumindest stand noch da. Die Brücke allerdings wohl schon länger nicht mehr. Die Strömung hier war relativ stark, und das Wasser strömte schäumend zwischen großen Felsbrocken hindurch. Leider ließ sich auch in der Nähe Flussauf- und abwärts auf Anhieb keine bessere Stelle finden. Also nutzten wir wieder die Kettentechnik und zusammen schafften wir es auch hier durch den hüfttiefen Bush Stream.

Danach machten wir uns wieder an den Aufstieg. Es war steil und als wir dann hinter der Hügelkuppe ein rostiges Dach erkennen konnten waren wir sehr erleichtert.

Die Hütte war etwas anderes, als alle bisher gesehen. Alt und rostig, und auch das Innere nicht ganz so luxuriös wie wir das gewohnt waren, aber wir waren einfach nur froh, endlich das Ziel des Tages erreicht zu haben. Als wir ankamen waren bereits ein Jäger und drei Neuseeländer mit zwei Hunden in der Hütte. Das hieß auch, dass noch genau zwei Bunks übrig waren. Yay! 

Nachdem wir uns in trockene Kleider begeben hatten, unterhielten wir uns mit den anderen über die vielen Flussüberquerungen des Tages. Offenbar waren wir nicht die einzigen gewesen, die damit ein paar Probleme gehabt hatten, denn die Kiwis erzählten uns, dass bei der letzten Querung ihre Hunde fortgespült wurden, so dass sie am den Fluss hinunterwandern mussten, und die Hunde dann auf die andere Seite tragen. Die trauten sich nämlich nach der Erfahrung dort nicht mehr ins Wasser.

Von der Crooked Spur Hut zur Royal Hut

Tag Zwei hatte zum Glück weniger verrückte Flussüberquerungen für uns parat. Es gab zwar ein paar, aber nur über wesentlich kleinere und ruhigere Bäche. Außerdem hatten wir dazu bestes Wetter und der Rest des Weges war hauptsächlich über Tussock-bedeckte Bergsättel. Je länger wir wanderten, desto anstrengender fanden wir auch das Tussock-Gras, denn wir stolperten dauern über unsere eigenen Füße. Beim einen Schritt landete man auf den langen Enden der Gräser, nur um dann beim nächsten Schritt mit dem anderen Fuß in der entstanden Schlaufe hängen zu bleiben. Das machte die Wanderung dann doch anstrengender als erwartet.
Bei der Stone Hut gönnten wir uns eine Mittagspause. Kurz überlegten wir, dort einfach zu bleiben und einen kurzen Tag zu machen. Wir gingen dann aber doch weiter.

Einen Moment bereuten wir das, als wir von weitem die Royal Hut im Feld ausmachen konnten, denn dort standen bereits zwei Zelte neben der Hütte. Das wäre dann auch das erste Mal, dass wir tatsächlich kein Bett mehr in der Hütte bekommen hätten. Aber dann stellte sich heraus, dass in der Hütte doch noch Platz war - es waren aber auch Leute vor Ort, die lieber im Zelt als in den hütten schliefen. Praktisch für uns!

Vor dem Abendessen gönnten wir uns ein kurzes Bad im nahen Bach. Dann kochten wir uns leckeres Couscous mit Oliven und fielen bald ins Bett.

Royal Hut zum Stag Saddle

Heute gab's ein kleines Highlight für uns: Wir kamen am höchsten Punkt des Te Araroa, dem Stag Saddle vorbei. Zuerst mussten wir natürlich aber dorthin aufsteigen. Das bedeutete zuersteinmal wieder einige Überquerungen des Bush Stream - der hier oben aber zum Glück nur ein kleines Bächlein war. Dann ein steiler Aufstieg über einen Tussock-bewachsenen Hang, eine Wanderung über einen sumpfigen Talboden und dann ein weiterer steiler Anstieg, diesmal durch ein Geröllfeld.

Und dann standen wir auf einmal da, am höchsten Punkt des Te Araroa. Und irgendwie war der Tag noch nicht mal besonders anstrengend gewesen.

Wir gönnten uns zur Feier dieses Meilensteins jeweils einen Bumper Bar und nutzen dann den Handyempfang auf dieser Höhe, um uns Räder für die Strecke zwischen Lake Tekapo und Lake Ohau zu mieten. Planmäßig sollten wir am nächsten Tag Tekapo erreichen, und wir waren natürlich schon ein bisschen spät dran. Trotzdem klappte alles und wir konnten uns nun relativ entspannt auf den weiteren Weg machen.

Hinter dem Stag Saddle bieten sich dem Wanderer zwei Möglichkeiten - man kann dem eigentlichen Trail direkt wieder hinunter ins Tal folgen, oder aber auf dem Grat des Bergs zur rechten weiterwandern. Wir wollten natürlich lieber auf dem Grat gehen, denn der Blick von dort sollte wohl atemberaubend sein. Nur das hinaufkommen stellte sich ein wenig schwieriger dar, denn hier gab es keinen Trail. Wir schnappten also unsere Wanderstöcke und schoben uns Stück für Stück das riesige Geröllfeld hinauf. Und was für ein Glück, dass wir das gemacht hatten, den kaum standen wir oben wurden wir mit einem wirklich wunderschönen Ausblick auf den Lake Tekapo belohnt. In der Ferne konnten wir außerdem sogar Mount Cook erkennen.

Vom Stag Saddle zu einer Übernachtung mitten im Nirgendwo

Wir hatten unfassbares Glück gerade auch mit dem Wetter und die Wanderung auf dem Grat war ein wirklich einmaliges Erlebnis. Deshalb machten wir bald auch noch eine längere Mittagspause um den Ausblick so lange wie möglich zu genießen. Die Wraps mit Erdnussbutter schmecken so ganz nebenbei bei diesen Aussichten auch gleich noch dreimal so gut. 

Wieder unterwegs folgten wir weiterhin dem Grat. Das war auch überhaupt kein Problem, hier war ein gut sichtbarer Trampelpfad und der Weg wahrscheinlich deutlich besser zu gehen als die sumpfigen und tussockbedeckten Wiesen im Tal. Der Ridgewalk ist also in jeder Hinsicht zu empfehlen.

Kurz nach dem Abstieg vom Grat kamen wir an der Camp Stream Hut an, wo wir eigentlich die Übernachtung geplant hatten. Weil es aber noch nicht so spät war und wir uns noch fit fühlten, entschieden wir lieber noch ein Stück weiter zu laufen und dann zu zelten, das würde uns am nächsten Tag auch die Strecke nach Tekapo verkürzen. Dort mussten wir ja zu einer bestimmten Zeit ankommen, um unsere Mieträder in Empfang zu nehmen.

Wir gingen also weiter und nach der Durchwanderung eines Tals inklusive Flussüberquerung ging es nocheinmal steil hinauf. Das war dann doch eher anstrengend und wir waren froh, als wir oben ankamen und dann ein Hochplateau erreichten. Hier wanderten wir noch ein Stück in Richtung Tekapo um ein Gebiet zu erreichen, in dem wildes Campen erlaubt war und suchten uns dann einen geeigneten Platz, um unser Zelt aufzuschlagen.

Das war gleichzeitig auch unsere erste Nacht im Zelt seit dem Beginn unserer Wanderung am Queen Charlotte Track. Wir genossen es tatsächlich, endlich mal wieder das Zelt aufzubauen und ganz alleine unter uns zu sein, später in der Nacht wurde es allerdings recht windig und wir wurden mehrere Male wach weil der Sturm so sehr an unserem Zelt zerrte.

Walking out to Lake Tekapo

Nach dieser wirklich windigen Nacht standen wir früh auf, denn heute lagen immerhin noch fast 30 Kilometer bis Tekapo vor uns. Ersteinmal für der Weg weiter auf dem Hochplateau entlang, auf dem wir auch übernachtet hatten und fast die ganze Strecke war der türkis schimmerne Lake Tekapo zu unserer Rechten zu sehen. Dann schlängelte sich der Weg sanft zurück ins Tal über grasbewachsene Hügel, bis wir endlich einen Parkplatz erreichten, der das Ende des Trail markierte.

Mittlerweile war es schon Nachmittag und die Sonne stand hoch am Himmel. Es war sehr warm, und nirgends Schatten in Sicht. Wir hatten entsprechend wenig Lust, die 16km an der Straße bis Tekapo komplett zu Fuß zu gehen. Also entschieden wir, dass wir wenn möglich trampen wollten. Es fuhren allerdings nur wenige Autos vorbei, und die ersten paar ignorierten uns dann auch. Nach ein paar Kilometern hielt allerdings dann doch noch ein Fahrer an und nahm uns mit. Wir waren erleichtert, denn gerade in der gleißenden Sonne macht das Wandern auf der staubigen Schotterstraße recht wenig Spaß.

Als wir dann in Tekapo abgesetzt wurden, wurden wir von den Menschenmassen vor Ort fast erschlagen. Wir kamen gar nicht damit klar, an einem so überlaufenen Touristenort angekommen zu sein. Natürlich waren auch die Übernachtungsmöglichkeiten weitestgehend ausgebucht, und wir überlegten schon, wo wir wohl die Nacht verbringen würden wenn wir denn gar nichts mehr finden konnten. Als letzte Instanz liefen wir hinaus zum Tekapo Holiday Park. Auch dort standen vor dem Büro Schilder, mit "no vacancy"-Hinweisen bei praktisch allen Unterbringungsarten. Auf Nachfrage stellte sich dann aber heraus, dass es für Personen, die nur mit Zelt und ohne fahrbahren Untersatz unterwegs waren, doch noch die Möglichkeit gab, ein Zelt aufzustellen. Aber auch hier war nicht mehr viel Platz, und wir machten uns nun doch ein wenig Sorgen, wo wir die nächsten Nächte schlafen würden, wenn die Situation in Twizel und Lake Ohau ähnlich wäre.

Nachdem wir unser Zelt aufgebaut hatten, gingen wir nocheinmal zurück in die Stadt, um einzukaufen und uns den Ort anzuschauen. Wir waren immernoch überwältigt von der Menge an Touristen in diesem kleinen Ort. Das erste Mal bemerkten wir, wie sehr die Einsamkeit der Berge sich auf uns auswirkte, und wie sehr wir sie schätzen gelert hatten. Auf dem Trail hatten wir selten mehr als 10, vielleicht 15 Leute am Tag getroffen, oft sogar noch weniger. Und hier drängten sich die Touristen. Zumindest für Neuseeländische Verhältnisse.

Später am Tag wurden dann unsere Mieträder gebracht. Komplett mit jeweils einem kleine Anhänger. Denn irgendwo mussten wir ja auch unsere Rucksäcke transportieren. Ein bisschen aufgeregt waren wir schon, jetzt mal ein wenig schneller unterwegs zu sein, und gespannt, was die Strecke am morgigen Tag so bringen würde.

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